Gemeinsame Pressemitteilung zur Einführung der Bezahlkarte
- 4 min read
Anfang 2024 wurde per Gesetz der Zeitraum, in dem Geflüchtete reduzierte Leistungen erhalten, von 18 auf 36 Monate verlängert. 2025 werden die Leistungen bis zu 19 Euro (Einzelperson) gekürzt. Damit erhalten sie 22 %1 weniger Leistungen im Vergleich zum minimalen Bürgergeld. Viele Einzelpersonen erhalten ab 2025 rechtswidrig nur 397 Euro/Monat (etwa 30 % weniger). Diese minimalen Gelder werden 2025 nur noch über eine Bezahlkarte gewährt.
Nach einem aktuellen Erlass2 des Ministeriums der Justiz und für Migration (JuM) soll die Bezahlkarte flächendeckend für „Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG" in Baden-Württemberg, also auch in Freiburg, eingeführt werden. Selbst Personen, die mehrere Monate/Jahre hier leben und analog Gelder in der Höhe des Bürgergeldes erhalten, sollen ab April 2025 zu einer Bezahlkarte verpflichtet werden können. Nach dem Gesetz ist das rechtswidrig, da der Geldvorrang (noch) gesetzlich vorgeschrieben ist. Das Geld wird dann nicht mehr auf das Girokonto überwiesen, sondern auf die Bezahlkarte. Da Überweisungsfunktionen gesperrt sind, wird eine „Positivliste" eingeführt, damit notwendige Überweisungen der Miete, Fahrkarten etc. möglich sind. All das muss von den Behörden genehmigt werden.
Die Bezahlkarte wird zunächst in Erstaufnahmeeinrichtungen an neu ankommende Geflüchtete und an jene, die noch über kein eigenes Konto verfügen, ausgegeben. Ab 2025 soll die Bezahlkarte in den einzelnen Landkreisen nach und nach durchgesetzt werden. Die Bargeldabhebung wird auf 50 € pro Person im Monat begrenzt. Obwohl in jedem Einzelfall eine Entscheidung zu treffen ist, drängt das Land die Kreise zu einer generellen Durchsetzung der Bezahlkarte. Über ein Statistik-Tool „können umfangreiche Auswertungen zur Bezahlkarte vorgenommen werden," heißt es in dem Erlass. Wird es bei einzelnen Leistungsbehörden „Abweichungen von den Durchschnittswerten" geben, wird das JuM „zusätzliche Angaben anfordern". D. h. die einzelnen Leistungsbehörden werden kontrolliert und unter Druck gesetzt.
Wer arbeitet und mehr als 50 % aus Erwerbseinkommen bestreitet, soll die aufstockenden AsylbLG-Leistungen nach drei Monaten auf das Girokonto erhalten. Mit der Bezahlkarte ist ein Einkauf bei Akzeptanzstellen der Karte möglich. Allerdings wird eine „Negativliste" eingeführt, wonach Händlergruppen ausgeschlossen sind. So z. B. auch Online Marketplaces. So sind Geldüberweisungen mit der Karte nicht möglich. Die Überweisungs- und Lastschriftfunktion ist eingeschränkt. Der Vermögensfreibetrag auf der Bezahlkarte beträgt 200 €. Eine Einsichtnahme auf den Kontostand ist zwar für die Behörden nicht erlaubt, kann jedoch „im Wege der Mitwirkungspflichten verlangt bzw. durchgesetzt werden."
Der CDU-Vorsitzende Slawig3 aus Wuppertal sagte, die Bezahlkarte dient dazu, „dass für Flüchtlinge der Aufenthalt in Deutschland deutlich weniger attraktiv wird". „Die Bezahlkarte ist keine Kreditkarte, sondern ein Instrument der Steuerung", meint der Vorsitzende der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion Lechner4. Geflüchtete, die einen Asylantrag stellen, stützen sich auf ein positives Recht. Gegen die Inanspruchnahme dieses Rechts wird nun präventiv, also zur Abschreckung, eine autoritäre Bezahlkarte eingeführt, um das Leben „weniger attraktiv" zu machen. Die Wahrnehmung von Rechten, die auch international verankert sind, wird bestraft, indem verschiedene Existenzeminima und damit ein äußerst prekäres Leben staatlich verordnet werden. Das ist rassistisch.
Die Durchsetzung der Bezahlkarte ist ein kostspieliger und komplizierter Aufwand, mit dem sich unzählige Behörden in Bund und Land, nur mit einem Ziel beschäftigen, das Leben von Geflüchteten behördlich zu gängeln. Über die Höhe der Ausgaben schweigen die Landesregierungen.
Wir die Unterzeichner*innen lehnen die Einführung der Bezahlkarte und die Durchsetzung eines „weniger attraktiven Lebens" für Geflüchtete entschieden ab. Hier wird nicht nur der Gleichheitsgrundsatz verletzt, sondern in die Autonomie und in die Selbstbestimmung von geflüchteten Menschen eingegriffen.
Lassen Sie die Finger von der autoritären Bezahlkarte!
Arbeitskreis Kritische Soziale Arbeit (AKS)
Aktion Bleiberecht Freiburg
Lea-watch Freiburg
Arbeitskreis kritische Jurist*innen (akj)
iz3w
Kunstaktionsgruppe Salpetra
Linke Liste – Solidarische Stadt
3-Häuser-Projekt
Medinetz Freiburg
IN VIA Katholischer Verband für Mädchen- und Frauensozialarbeit in der Erzdiözese Freiburg e.V.
r42 Sail and Rescue Freiburg
SUPPORTERS CREW FREIBURG e.V.
Initiative ‚Bezahlkarte Stoppen’ Freiburg
Sarah-Louise Müller, Pfarrerin Ev. Pfarrgemeinde Freiburg-Südwest
Birgit Heidke
Walter Schlecht
U. Fauth-Mayer
Michael Hartmann, Pastoralreferent
Petra Hummel
Kontakt:
Initiative ‚Bezahlkarte Stoppen’ Freiburg
freiburg@asylblg-abschaffen.de
Tel.: 0151 282 112 52